Eine unterhaltsam geschriebene Kulturgeschichte der Vulva in Comic-Form
- Titel: Der Ursprung der Welt
- Autorin: Liv Strömquist
- Ins Deutsche übersetzt von: Katharina Erben
- Verlag: avant-verlag
- Seitenzahl: 140
- Veröffentlicht: März 2017
Warum auch Aliens nichts von der Vulva wissen
Vorweg: Ich bin eigentlich keine große Comic-Leserin, aber Der Ursprung der Welt hat mir den Wert dieses Mediums einmal mehr nahe gebracht. Dieses Buch spricht nämlich ein Problem an, das in unserer Kultur mehr oder weniger unbeachtet besteht: Das weibliche Geschlechtsorgan ist ein Schamobjekt. Und zwar in einem riesigen Unverhältnis im Vergleich zum männlichen Geschlechtsorgan.
Du meinst, heute wäre alles anders?
Wenn es darum geht, was frau zwischen den Beinen hat, fehlen oft die Worte. Alles klingt entweder nach medizinischen Fachbegriffen oder kaschierendem Slang. Über die Vulva spricht man nicht und wenn doch, tut man es peinlich berührt, abwertend oder verniedlichend.
Eine häufige Schönheitsoperation bei Frauen ist die Verkleinerung der Schamlippen. Im Gegensatz dazu: Hat man je von einer freiwilligen Penisverkleinerung gehört? Warum sollen die Geschlechtsorgane der Frau möglichst klein und unscheinbar sein, während die männlichen kaum groß genug sein können? Tatsächlich hat nicht einmal die NASA es gewagt, die Vulva neben dem Penis abzubilden, damit Außerirdische wissen, mit wem sie es auf Erden zu tun haben. (Mehr dazu in Der Ursprung der Welt)
Ein anderes Beispiel aus Liv Strömquists Werk: Wem ist es nicht peinlich mit einem Tampong, sichtbar in der Hand, im Restaurant oder einem anderen öffentlichen Ort, zur Toilette zu gehen? Wahrscheinlich gibt es nicht allzu viele Frauen, die das ohne Schamgefühl tun.
Von Freud bis Adam und Eva…
Dem will Liv Strömquist mit ihrem Ursprung der Welt Abhilfe schaffen. Denn die Vulva war nicht immer so gemieden. Es gab Zeiten, in denen man glaubte, dass auch Männer menstruieren können, und große Schamlippen mehr als erwünscht waren.
Liv Strömquist zeigt in ihrem Comic auf humorvolle Art wie sich der öffentliche Umgang mit der Vulva im Lauf der Zeiten verändert hat. Sie vermittelt vergessenes Wissen, taucht tief in die Geschichte ein und kramt Meilensteine heraus, die vor Augen führen, wie unsinnig und unwürdig unsere Scham oft ist.
Fazit
Beim Lesen habe ich oft gelacht. Die ungelenk wirkenden Zeichnungen und Sprechblasen sind das beste Mittel ein solch schwieriges Thema anzupacken. Es gab aber auch Momente echter Betroffenheit. Vor allem dann, wenn ich mich selbst in einigen Beispielen wieder erkannt habe. Die eigenen Vorurteile vorgeführt zu bekommen, kann ganz schön hart sein…
Der Ursprung der Welt ist ein aufklärerisches Werk, das Frauen aller Altersgruppen hilft zu verstehen, warum das Verhältnis zum eigenen Körper und der Vulva oft so zwiespältig ist.
Die Lektüre regt zum Nachdenken an und kann Männern (und auch Frauen!) zeigen (so sie sich an dieses Thema heranwagen ;), wie sich das andere Geschlecht in seiner Haut fühlt. Und alle die weder Mann noch Frau sind, erfahren von Zeiten, in denen nicht in Frage stand, dass zwischen den beiden Geschlechtern viele Varianten existieren.
Eine absolute Empfehlung!